Fazit:
Elektronik in Schutzkleidung wird in Zukunft viele Vorteile bieten. Sie wird kommen. 100%ig.
Doch bis uns diese Elektronik im Arbeitsalltag schützen kann, müssen die dauerhafte Umsetzung, die Pflege und die rechtlichen Hintergründe noch gelöst werden. Wir sind in jedem Fall gespannt, wann es so weit sein wird. Wir bei S-GARD unterstützen diese Entwicklungen durch aktive Arbeit in Normungsausschüssen und Teilnahmen an zahlreichen Forschungsprojekten, wie z.B. dem aktuellen Projekt Paktex.
Elektronik in Schutzkleidung… Wer hat nicht schon darüber nachgedacht? Kleidung, die durch elektronische Komponenten den Träger noch besser schützt. Einfach super.
Insbesondere bei PSA Kategorie III, also der Kategorie von PSA, die den Träger vor tödlichen Gefahren schützen soll, liegt die Idee ja nahe: der Schutz kann gar nicht gut genug sein. Und so muss zwangsläufig auch Elektronik integriert werden, oder? Und insbesondere die folgenden Lösungen machen alle Sinn:
- Elektronik, die die Sichtbarkeit z.B. durch aktives Leuchten deutlich verbessert
- Elektronik, die den Träger bei für den Menschen gefährlichen Umgebungstemperaturen kühlt
- Elektronik, die die Vitalfunktionen des Trägers überwacht, und Alarm gibt, bevor es zu spät ist
- Elektronik, die den Träger bei der Arbeit mit Motorik unterstützt
- Elektronik, die hilft den Träger in unbekanntem Terrain zu lokalisieren
- Elektronik, die hilft, mit Maschinen in der Umgebung zu interagieren.
All das hört sich leider noch wie Science-Fiction an. Aber warum? Wenn es doch so sehr Sinn macht?
Und – gibt es nicht bereits seit vielen Jahren in Bekleidung integrierte Elektronik? So z.B. aus dem Bereich der Unterhaltungsindustrie? Kann man nicht bereits Smartphones mit Jacken steuern? Gibt es nicht bereits Shirts, die gekoppelt mit dem Smartphone Animationen oder Sounds wiedergeben? Und auch Shirts, die helfen, die Körperfunktionen zu überwachen?
Und gibt es nicht jedes Jahr in Europa mit viel Geld geförderte Projekte, die Elektronik in Schutzkleidung vorantreiben sollen?
Ja, es gibt bereits Elektronik in Bekleidung. Und ja, es gibt die Forschungsprojekte. Und doch gibt es noch keine Elektronik in Feuerwehrbekleidung.
Die Gründe sind vielschichtig. Wir wollen sie hier in drei Kategorien einteilen:
- Umsetzung
- Waschen
- Rechtliches
Umsetzung:
Zu allen 6 Kategorien von Elektronik, die wir oben aufgelistet haben, gibt es bereits Ideen, Studien und Prototypen. Aber die wenigstens haben sich über das Prototypenstadium hinaus durchgesetzt. Ein häufiges Problem ist die Stromversorgung. Wie kann man sicherstellen, dass immer ausreichend Stromversorgung gegeben ist. Denn im Gegensatz zu Shirts, die man just for fun trägt, muss PSA immer funktionieren. Zudem soll die Schutzkleidung selbst nicht behindern. Aber ein Akku und Kabel sind oft hinderlich. Heute gibt es Lösungen, bei denen kleine Akku-Packs so verbaut werden, dass sie kaum stören. Durch induktives Laden braucht man auch keine Anschlüsse mehr. Die Akkus sind so gekapselt, dass man sie mitwaschen kann. Und vielleicht störende Kabel werden durch Gewebe ersetzt, die elektrisch leitfähig sind. Man kommt der Lösung also immer näher, oder?
Waschen:
Schutzkleidung, insbesondere Feuerwehr-Schutzkleidung muss gewaschen werden, damit sie nicht durch Kontamination selbst zur Gefahr wird. Damit ein Waschprozess ein gutes Ergebnis erzielt, sind verschiedene Einflüsse abhängig voneinander nötig. Diese Einflüsse sind:
- Mechanik
- Temperatur
- Chemie
- Zeit
Das Zusammenspiel dieser Faktoren nennt man den Sinnerschen Kreis. Ihr erkennt leicht das Zusammenspiel: will ich, dass etwas schneller sauber wird, muss ich mehr Temperatur oder Waschmittel nehmen, etc..
Professionelle Wäschereien arbeiten gerne mit 60°C und mehr. Dazu kommen natürlich noch Chemie und Mechanik sowie Zeit. Der Haken ist: Die Gewebe, die elektrisch leitend sind, arbeiten bislang nur dauerhaft gut, wenn bis maximal 40°C, eher aber darunter gewaschen wird. Mehr Chemie und Mechanik wären ja dann die logische Lösung, den Zeit alleine hilft beim Waschen nicht. Die entwickelten Lösungen sind aber auch empfindlich, wenn zu viel Chemie oder Mechanik genutzt wird. Das bedeutet also: es gibt bereits Teilerfolge, aber es gibt noch keine Lösungen, so dass Wäsche und Elektronik dauerhaft zusammen funktionieren. Und PSA soll nicht nur im Neuzustand, sondern auch auf Dauer funktionieren.
Während Elektronik und Waschverfahren nach und nach immer weiter aufeinander abgestimmt werden, soll parallel das folgende Problem gelöst werden:
Rechtliche Grundlage:
Heutzutage gibt es kein Regelwerk, welches beschreibt, wie Schutzkleidung mit Elektronik funktionieren soll. Beschaffer, die solche neuen Lösungen kaufen wollen, damit die Industrie diese auch weiterentwickelt und perfektioniert, begeben sich also in eine rechtlich unsichere Grauzone. Was kann ich meinem Mitarbeitern geben, ohne in Gefahr zu laufen, wenn doch mal was passiert?
Inzwischen gibt es erste Normausschüsse, die sich genau hiermit beschäftigen. Man wägt pro und kontra der neuen Techniken ab, und versucht die verschiedenen Parteien, zu involvieren. Wie z.B. auch die professionellen Wäscher und die Elektronikhersteller. So wird es sicher bald auch Normen geben, die so hochmoderne und nützliche Schutzkleidung beschreiben werden. Und sicherlich auch bald Arbeitsumfelder, die nur noch die neue Kleidung zulassen werden.
Was dadurch aber noch nicht gelöst ist:Die Persönlichkeitsrechte der Träger. Denn die müssen immer auch berücksichtigt werden: z.B. bei Technik, die die Körperfunktionen überwacht. Solch einer Überwachung muss ein Träger zunächst mal zustimmen. Aber die Zustimmung zur Überwachung zu fordern ist hierzulande nicht erlaubt. Also ein Dilemma. Und dass man als Träger dem einfach zustimmt ist auch nicht immer so klar. Klar ist: die Elektronik ist da, um den Träger in lebensgefährlichem Umfeld besser zu schützen. Und insbesondere wenn der Körper Höchstleistung erbringen muss, kann es gut sein, die Vitalfunktionen zu überwachen. Man stelle sich vor, wenn man mit solcher Überwachung die Träger vorm Kollabieren schützen könnte (siehe z.B. die jüngsten Vorfälle im Profisport). Der Nachteil aber ist: Die Software des Arbeitgebers weiß eine Menge über den Träger. Und dies könnte die Einschätzung des Trägers und dessen Entwicklung beeinflussen. Ein Träger könnte z.B. seinen Job verlieren, weil die Algorithmen der Software ermitteln, dass er für einen bestimmten Job nicht mehr eingesetzt werden sollte.
Quelle: s-gard